Aufregung im Bundestag – warum die CDU vorzeitig auf ein Sexkaufverbot drängt
Pressemitteilung des Berufsverbandes erotische und sexuelle Dienstleistungen vom 21.02.2024 (PDF-Version).
Liebe Pressevertreter*innen,
Liebe Politiker*innen,
Liebe Mitglieder und Interessierte am Thema Sexarbeit,
seit Juli 2022 wird die aktuelle Gesetzgebung zum Umgang mit Prostitution/Sexarbeit untersucht. Das Bundesfamilienministerium hat die Evaluation des aktuell gültigen Prostituiertenschutzgesetzes (ProstSchG) initiiert, um die Erfüllung dessen Zielsetzungen zu überprüfen. In einer langjährigen Auswertung werden tausende Betroffene interviewt und die Anwendungspraxis hinterfragt.
Noch niemals gab es eine so umfangreiche Untersuchung der Prostitution/Sexarbeit in Europa. Die Ergebnisse werden sichere Auskünfte über das Umfeld und die psychische sowie physische Gesundheit von Sexarbeitenden unter der aktuellen deutschen Gesetzgebung liefern und im Juli nächsten Jahres dem Bundestag vorgelegt. Schauen Sie hier.
Aber warum drängt die CDU/CSU das Thema schon am 23. Februar 2024 in den Bundestag?
Die Antwort ist so einfach wie offensichtlich: Die Ergebnisse der Evaluation werden vielschichtige Problemlagen in der Sexarbeit aufzeigen, welche durch eine Überarbeitung des ProstSchG gelöst werden können, nicht aber durch Verbote.
Denn wenn man Betroffene fragt, wird man folgendes Ergebnis bekommen:
Sexarbeitende sehen in einer Illegalisierung ihrer Arbeit keine sinnvolle Lösung für ihre Probleme in der Prostitution. Auch nicht, wenn es sich um eine anteilige Illegalisierung handelt.
Ebenso sieht es auch das Bündnis der Fachberatungsstellen für Sexarbeitende: Quelle.
Seit dem Vorstoß der CDU/CSU verzeichnet unser Verband eine Vervierfachung des Mitgliederzuwachses sowie täglich Nachrichten von besorgten Sexarbeitenden, die Angst um ihre Existenz haben.
Aber was soll der Gesetzgeber tun gegen die Kriminalität in der Prostitution? Die Antwort ist wesentlich komplexer als es auf den ersten Blick ersichtlich ist. Eines ist aber heute schon sicher: Das einfach gedachte und populistische Sexkaufverbot verschlimmert nur das Leid der Betroffenen.
Denn wussten Sie schon…?
Fakt 1
Studien haben bewiesen, dass in Schweden die Rate der sexuell übertragbaren Krankheiten seit dem Sexkaufverbot dramatisch angestiegen ist.
Warum? Wenn Sexarbeitende nicht mehr in geschützten Räumen arbeiten dürfen (sondern z.B. in Waldstücken), die Anbahnung aufgrund der drohenden Strafverfolgung in aller Eile stattfinden muss und einem sowieso nur noch Kunden bleiben, die es „mit dem Gesetz nicht so genau nehmen“, dann ist die Frage von Sexarbeitenden nach Verwendung eines Kondoms quasi obsolet. Schauen Sie hier.
Fakt 2
Seit Frankreich 2016 das Sexkaufverbot eingeführt hat, ist die Zahl Minderjähriger in der Prostitution um 70% angestiegen.
Warum? Illegalität ist ein idealer Nährboden für noch mehr Kriminalität (Quelle).
Fakt 3
In Ländern, in denen das Sexkaufverbot herrscht, ist das Stigma der „Nutte“ soweit verstärkt worden, dass Ehemänner der Zuhälterei bezichtigt werden, wird Frauen das Sorgerecht für ihre Kinder verloren haben und im Falle einer Vergewaltigung nicht ernst genommen werden, wobei ihre Sexarbeit als Grund angeführt wurde.
ʻEin Polizist wollte meine Anzeige nicht entgegennehmen, weil er sagte: „Sie sind eine Prostituierte und eine Prostituierte kann nicht vergewaltigt werden, weil Sie Geld bekommen“.‘ (Quelle)
Das ist nur eine kleine Auswahl an Fakten, die belegen, dass das Sexkaufverbot niemandem hilft. Sie wollen über das Thema Sexkaufverbot berichten? Sie brauchen mehr Informationen zu dem Thema? Schauen Sie hier.
Wir halten Sie weiterhin auf dem Laufenden!
Mit freundlichen Grüßen
Der Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen e.V.
P.S.: Immer noch nicht überzeugt? Bedeutende Organisationen wie die Deutsche Aidshilfe und das Deutsche Institut für Menschenrechte positionieren sich ebenfalls gegen ein Sexkaufverbot (Quelle).